Konzeption der Integrativen Erlebnisfreizeiten

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Jährlich gestaltet der Allgemeine Behindertenverband Land Brandenburg e.V. (ABB e.V.) zwei vom Sozialministerium des Landes geförderte inklusive Erlebnisfreizeiten (je 2 Wochen) während der Sommerferien in der Europäische Jugenderholungs- und Begegnungsstätte (EJB) am Werbellinsee bei Joachimsthal in der Schorfheide. Die Vorbereitung und Organisation erfolgt langfristig durch die Geschäftsstelle unter Einbeziehung der seit 1991 bei den Integrationsfreizeiten in Zusammenarbeit mit dem ehrenamtlichen Betreuerteam, einschl. der medizinisch-pflegerischen Fachkräfte, gesammelten Erfahrungen.

Teilnehmer

  • Ca. 230 Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen, je Freizeit ca. 115 Teilnehmer, in der Regel im Alter zwischen 6 und 17 Jahren, behinderte Jugendliche bis 19 Jahr, ggf. auch darüber;
  • über die Hälfte bis ca. zwei Drittel der Teilnehmer haben eine körperliche, geistige oder sinnesbezogene Behinderung, etwa ein Viertel der Gesamtteilnehmer verfügen über eine anerkannte Pflegestufe nach PflegeVG;
  • betreut werden können Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, unabhängig von Art und Ursache ihrer Behinderung, jedoch gemeinschaftsfähig im Rahmen der integrativen Feriengestaltung;
  • entsprechend dem Integrationskonzept können behinderte Kinder gemeinsam mit ihren nicht behinderten Geschwistern und Freunden teilnehmen, während dessen ihre Eltern selbst Urlaub machen bzw. sich von allen pflegerischen und betreuerischen Belastungen regenerieren können;
  • an den einzelnen Durchgängen können sowohl Kinder als auch Jugendliche angemeldet werden.
  • die Teilnahme an den Integrationsfreizeiten ist von der Verbandszugehörigkeit im ABB unabhängig; das Freizeitangebot wird zu Jahresbeginn in der Landespresse bzw. durch Verbandsschriften, Internet und Prospekte veröffentlicht;

Betreuung

  • Die Betreuung bzw. Pflege wird gewährleistet durch ein erfahrenes ehrenamtliches Betreuerteam des ABB von ca. 90 Personen. Zum Betreuerstamm gehören Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Ärzte und medizinisch-pflegerisches Fachpersonal. Hinzu kommen sozial engagierte Helfer*innen, Angehörige und ehemalige Teilnehmer, z. T. Studierende o. g. Fachrichtungen aus höheren Semestern, die bei den Integrationsfreizeiten ein Sozialpraktikum absolvieren.
    Nach dem Motto "Wir suchen Dich!" werden ehrenamtliche Betreuer/innenjährlich für die Projektdurchführung gesucht.
  • das Betreuungsverhältnis beträgt im Rahmen der Grundbetreuung 1:7,5 und zuzüglich des behinderungsbedingten betreuerischen Mehrbedarfs 1:2,5 für die gesamte Integrationsfreizeit;
  • die Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher, vor allem für diejenigen in Pflegestufen, erfordern den Einsatz zusätzlicher Betreuer und einer behindertengerechten Infrastruktur. Angesichts des ungewohnten äußeren Umfeldes und der integrativen Feriengestaltung macht sich, bezogen zu den Teilnehmern in Pflegestufen, ein Betreuungsverhältnis von 1:1 erforderlich;
  • dieser behinderungsbedingte Mehrbedarf (zusätzliche Betreuer und Infrastruktur) wird für alle Teilnehmer mit Behinderungen bedarfsgerecht eingesetzt;
  • bei Teilnehmern mit anerkannter Pflegestufe differenzieren die betreuerischen Mehraufwendungen nach den unterschiedlichen Pflegestufen. Nach § 39 SGB XI (Pflege-Versicherungsgesetz) können diese behinderungsbedingten betreuerischen Mehraufwendungen als Leistungen der Urlaubs- bzw. Verhinderungspflege von der zuständigen Pflegekasse des Teilnehmers rückerstattet werden.

Finanzierung

Kostenpositionen der Integrationsfreizeiten sind:

  • Anmietungskosten für Unterkunft und Verpflegung,
  • Aufwendungen für Betreuung und Pflege,
  • Kosten für Freizeitgestaltung und Transport,
  • Kosten für Vorbereitung, Organisation, Versicherung etc.;

Der durchschnittliche Kostensatz pro Kind differenziert wegen steigender Betreuungsaufwendungen sowie unterschiedlicher Anmietungskosten verschiedener Ferienunterkünfte jährlich. Die Teilnehmergebühren betragen etwa nur die Hälfte der eigentlichen Kosten. Die andere Hälfte wird zum einen Teil vom Sozialministerium gefördert und zum anderen Teil von uns als Eigenanteil aus Spenden und Zuwendungen aufgebracht.

Die Kostendeckung für das jährliche überregionale Integrationsprojekt erfolgt über eine Mischfinanzierung, die sich aus

  • Eigenanteilen des ABB e.V.
  • Teilnehmergebühren
  • zusätzliche behinderungsbedingte betreuerische Mehraufwendungen bzw. Leistungen der Pflegekassen nach § 39 SGB XI/Pflege-Versicherungsgesetz aus der Pflegeversicherung der Teilnehmer mit Pflegestufe
  • einer Landesförderung des Sozialministeriums
  • einer Förderung durch die Aktion Mensch
  • Förderung Dritter

zusammensetzt.

Der ABB e.V. leistet für die Finanzierung des sozialen Integrationsprojekts jährlich einen erheblichen Eigenanteil, der aus Spenden aufgebracht werden muss.

Dafür werden Sponsoren und zweckgebundene Förderungen benötigt, da der ABB e.V. als Landesverband der Behindertenselbsthilfe über nur sehr geringe regelmäßige Einnahmen verfügt.

Zur jährlichen Förderung des Integrationsplatzes eines Kindes (ca. 700,00 €) bittet der ABB e.V. potentielle Sponsoren, die sich für die Behindertenhilfe im Land Brandenburg sozial engagieren wollen, um den Abschluss von Fördervereinbarungen bzw. um Projekthilfe als Mitglied des Freundeskreises Erlebnisfreizeiten.

Zweckgebundene Spenden können eingezahlt werden auf das Sonderkonto der Stiftung Freundeskreis:

IBAN: DE10 1605 000 1000 9857 64

BIC: WELADED1PMB


Betreuungskonzept

Allgemein

Projekte zur sozialen Integration behinderter Kinder und Jugendlicher sind von hohem gesellschaftlichen Rang und entsprechen einem großen gesellschaftlichen Bedarf.
Die Gestaltung von Integrationsfreizeiten für Kinder und Jugendliche, zumal unter Einbeziehung von Teilnehmern mit behinderungsbedingten betreuerischen Mehrbedarf, erfordern eine ausgeprägte Sensibilität und Kräftekonzentration und müssen daher äußerst umfassend, langfristig und gründlich vorbereitet werden, vom Betreuerischen wie vom Organisatorischen.

Besonders wichtig sind die konkreten Aussagen der Eltern/Pflegepersonen zur Behinderung und zum Betreuungsbedarf der Kinder/Jugendlichen, die Auswertung der Fragebögen durch die Leitung des Betreuerteams, einschließlich des medizinischen und pflegerisch-therapeutischen Personals, sowie die darauf aufbauende Betreuungs- und Pflegeleistung im Rahmen der Freizeit. Daraus entstehen bereits im Vorfeld mit den Medizinern und Pflegekräften für einzelne behinderte Kinder individuelle Betreuungs- und Therapiepläne, z. T. in verschiedenen Stufen, die Ziele und Schwerpunkte, z. B. im Rahmen einer speziellen Physiotherapie, der allgemeinen Bewegungstherapie, der Selbstindikation oder auf ernährungspsychologischem Gebiet, während der Feriendauer beinhalten.

Diese spezifischen Therapiepläne, z. B. bei übergewichtigen Kindern, bei Rollifahrern oder hämophilen Kindern (Blutern), werden zu Beginn der Freizeiten mit den Eltern und Kindern besprochen und während der Kinderfreizeit praktiziert, z. B. das Erlernen von Injektionstechniken für Bluterkinder. Daraus ergeben sich dann aus den praktischen Erfahrungen der Freizeit weitere Erkenntnisse und Empfehlungen für das eigene Verhalten und die Betreuung im häuslichen Bereich daheim.

Zur Vor- und Nachbereitung der Integrationsfreizeiten aus betreuerischer Sicht finden Abstimmungen der Teamleitungen sowie Schulungen der Betreuer und Pflegekräfte statt. Seitens des Verbandes erfolgt in der Nachbereitung eine anonyme Befragung der Teilnehmer, die in die jährliche Auswertung der Integrationsfreizeiten einbezogen wird.

 
Integration

Der Integrationsanspruch besteht innerhalb der zwei Ferienwochen vor allem darin, zwischen den Teilnehmern mit und ohne Behinderung mit viel Spaß und Erholungsphasen Denk- und Verhaltensweisen anzuregen, die ihre Persönlichkeitsentwicklung altersspezifisch möglichst nachhaltig fördern und beeinflussen können.
Dabei verstehen wir Integration nicht einseitig nur auf Kinder und Jugendliche mit Behinderungen bezogen, sondern wollen auch dazu beitragen, bei Teilnehmern ohne Behinderungen mögliche Vorbehalte oder Berührungsängste im Umgang mit Menschen mit Behinderungen abzubauen.

Durch gemeinschaftliche, auf die individuellen Behinderungen abgestimmte Freizeitgestaltung, vielfältige Erlebnisse und interessante Erkenntnisse in der Gemeinschaft mit anderen sollen neue Freunde gewonnen, eigene Talente und Fähigkeiten entdeckt, eigene Grenzen abgesteckt und in der Auseinandersetzung damit auch ein neues Verhältnis zu sich und der Umwelt entwickelt werden. Dabei werden Toleranz zu anderen und Solidarempfinden untereinander ausgeprägt.

Neben der integrativen Gestaltung der Freizeiten sind für behinderte Teilnehmer besonders die in die Gesamtbetreuung einbezogenen therapeutischen und gesundheitserzieherischen Aspekte und Maßnahmen von Bedeutung. Gewachsenes Selbstverständnis und mehr Selbständigkeit im Umgang mit der eigenen Behinderung und der Behinderung anderer sind dann ein Ausdruck dafür, was sich zugleich stabilisierend auf die Psyche der Kinder auswirkt.

Die Integration beginnt bereits mit der Zusammensetzung in den Gruppen (8 bis 10 Kinder); unter Berücksichtigung des betreuerischen Mehrbedarfs setzen sich die Gruppen aus Teilnehmern mit und ohne Behinderungen zusammen.

Gestaltung und Ablauf

Das gesamte Gestaltungskonzept einer Freizeit sollte möglichst einem übergreifenden, durchgängigem Thema, einem gemeinsamen Vorhaben zugeordnet sein.
Zum Beispiel: "Wir feiern ein Piratenfest", "Wir gehen auf Schatzsuche", "Wir spielen Theater", "Willkommen im Mittelalter", "Zwischen Himmel und Hölle" oder "Märchenhaftes Leben", oder, oder etc

Damit werden alle Gruppen, ältere und jüngere Jahrgänge unterschiedlich und nach Maßgabe ihrer Voraussetzungen und Möglichkeiten einbezogen und in die Gemeinschaft integriert.

Zum Gestaltungsablauf gehören:

  • Freizeitgestaltungen in der Gruppe und mit anderen Gruppen innerhalb und außerhalb des Ferienobjekts
  • Freizeitgestaltungen in der Gemeinschaft aller Teilnehmer

Freizeitgestaltungen in den Gruppen sind u. a.:

  • gemeinschaftliche Spiele und Bastelarbeiten, z. B. Gipsmasken anfertigen oder Batikarbeiten an T-Shirts;
  • sportliche Spiele, z. B. Tischtennis, Kegeln, Volleyball u.a. Freizeitspiele;
  • physiotherapeutische Bewegungsschulungen und gymnastische Übungen;
  • Geschicklichkeitsspiele, z. B. mit dem Rolli eine kleine Hindernisstrecke meistern;
  • Baden, Spielen und Fröhlichsein;
  • Kinobesuche/Videofilme und Spiele am Computer;
  • Naturlehrpfad-Wanderungen mit dem Förster und Übernachten im Zelt;
  • Boots- und Kutschfahrten sowie Exkursionen und Tagesausflüge zu landschaftlichen Sehenswürdigkeiten, Tierparks, Kulturdenkmalen, Kinder- und Jugendzentren;
  • Eigenzubereitung von Speisen und Getränken, z. B. Waffeln, Pizza, Obstsalate und Kinderbowle;
  • Unterweisungen und Gespräche zu Selbsterfahrungen im Umgang mit dem eigenen Handicap, z.B. Stressbewältigung mit autogenem Training oder Erlernen von Techniken zur Selbstinjektion mit hämophilen Kindern;
  • Spielerischer Wettbewerb um das aufgeräumte Zimmer des Tages zur Entwicklung von Selbständigkeit und Ordnungssinn;
  • Vorlesen und Gute-Nacht-Geschichten erzählen;
  • einfach nur auf der Wiese liegen, ausruhen, sich erholen und die Natur beobachten.

Gemeinschaftserlebnisse als Höhepunkte der Freizeiten:

  • thematische Erlebnisveranstaltungen,
  • gemeinsame Disco-Veranstaltungen mit spaßigen Einlagen,
  • Mini-Playback-Show sowie Mal- und Kostümfeste mit Preisen für die Besten,
  • großes Sportfest mit gemeinsamen Spielen, Strand- und Badefest mit Neptuntaufe,
  • Bergfest mit besonderen thematischen Programmpunkten,
  • "Verkehrter Tag" und Grillabende am Lagerfeuer,
  • Vorführungen, z. B. Theatergruppe, örtliche Freiwillige Feuerwehr,
  • Verkehrspuppenbühne oder Kulturgruppe einer Integrationseinrichtung,
  • Abenteuerspiele mit Nachtwanderung und Schatzsuche,
  • Großes Abschlussfest mit Tanz, viel Spaß und Verabredungen für das nächste Jahr.